Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.08.2008
Aktenzeichen: 6 K 2333/06
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 1
UStG § 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

6 K 2333/06

Umsatzsteuer 2004

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat -

ohne mündliche Verhandlung

am 6. August 2008

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Orth als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Straub,

den Richter am Finanzgericht Amendt,

den ehrenamtlichen Richter Sozialversicherungsfachang. a.D. Merz,

die ehrenamtliche Richterin Sekretärin Philipp

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Strittig ist der Vorsteuerabzug für ein gemischt genutztes Wohngebäude.

Der Kläger ist kaufmännischer Angestellter bei einer Steuerberatungsgesellschaft und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben ist der Kläger seit 1997 als Buchführungshelfer gewerblich tätig und Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes.

In seiner Umsatzsteuererklärung für 2004 vom 17. Oktober 2005, beim Beklagten eingegangen am 19. Oktober 2005, machte der Kläger Vorsteuern aus der Errichtung seines Einfamilienhauses in B in Höhe von 23.321,28 EUR geltend und gab hierzu erläuternd an, dass im August 2004 mit dem Neubau begonnen worden sei und nach Fertigstellung voraussichtlich im November 2005 die Räume im Keller des Hauses für die nebenberufliche Tätigkeit als Buchführungshelfer genutzt werden sollten (Blatt 27 der Umsatzsteuerakte). Das Grundstück, auf dem das Wohnhaus errichtet wurde, war vom Kläger von der Stadt B mit notarieller Urkunde vom 4. Dezember 2003 erworben worden.

Wegen der Erstattung des in der Umsatzsteuererklärung 2004 erklärten Vorsteuer-Überschusses fand beim Kläger im Dezember 2005 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt (Bericht vom 7. Dezember 2005, Blatt 34 ff der Umsatzsteuerakte). Dabei stellte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer fest, dass der Kläger im Kellergeschoss des Hauses ein Büro mit einem Anteil an der Gesamtwohnfläche von 15,5% für die Übernahme von Buchführungsarbeiten von derzeit 5 Mandaten unternehmerisch nutzt. In dem Büroraum war noch privates Mobiliar abgestellt, was nach Angaben des Klägers nur vorübergehend sei, da er dieses in Kürze noch in einem der Räume im Dachgeschoss aufstellen würde. In der Aufstellung der Nutzflächen der verschiedenen Räume in dem Haus des Klägers sind vom Umsatzsteuer-Sonderprüfer keine Wohnflächen im Dachgeschoss aufgeführt. Die Höhe der im Streitjahr angefallenen Baukosten ermittelte der Umsatzsteuer-Sonderprüfer in gleicher Höhe, wie sie der Kläger in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung geltend gemacht hatte (Blatt 43 der Umsatzsteuerakte). In den beim Beklagten abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Quartale I-IV/2004 hatte der Kläger Vorsteuern in Höhe von insgesamt EUR 86,44 erklärt (Blatt 36 der Umsatzsteuerakte). Nach Ansicht des Umsatzsteuer-Sonderprüfers ergaben sich aus den vorgelegten Bauunterlagen keine objektiven Beweisanzeichen, dass der Steuerpflichtige Flächen des Kellergeschosses seinem Unternehmen zugeordnet hätte und da der Vorsteuerabzug nicht zeitnah mit eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen beantragt worden wäre, fehle es an einer objektiven Zuordnungsentscheidung vor Eingang der Umsatzsteuererklärung für 2004 beim Beklagten. Der Kläger hätte sich auch nachträglich die unternehmerische Nutzung nicht baurechtlich genehmigen lassen oder diese angezeigt.

Der Beklagte folgte der Ansicht des Umsatzsteuergelder-Sonderprüfers und setzte die Umsatzsteuer 2004 ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Vorsteuern aus der Errichtung des Wohnhauses mit Umsatzsteuerbescheid vom 2. Januar 2006 abweichend von der Erklärung fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 28. August 2006 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt vor, den Bauantrag für die Errichtung des Einfamilienhauses hätte er im Dezember 2003 gestellt. Die hierfür erforderlichen Planungen hätten einen Raum im Obergeschoss als Arbeitszimmer ausgewiesen, was ausschließlich baugenehmigungsrechtliche Gründe gehabt hätte. Abweichend davon hätte das Arbeitszimmer von Anfang an im Keller eingerichtet werden sollen. Nach Genehmigung des Bauantrages im Juli 2004 hätte er im August 2004 mit der Errichtung des Einfamilienhauses begonnen und hierbei seien in die Kellergeschossdecke Leerrohre für 17 Steckdosen sowie für 4 Netzwerksteckdosen gelegt worden, um die bautechnischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der in den Bauplänen als Hobbyraum bezeichnete Kellerraum als Arbeitszimmer hätte genutzt werden können. Zur optimalen Vorbereitung der bautechnischen Anforderungen im EDV-Bereich hätte er sich Rat und Hilfe bei Herrn B eingeholt, einem Elektrotechniker und Informatiker, der auch für die EDV der Steuerberatungsgesellschaft zuständig sei. Ferner hätte er mit Herrn Steuerberater M im Sommer 2004 die Vor- und Nachteile einer Zuordnung des zu errichtenden Gebäudes zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen erörtert. Auf Grund des BMF-Schreibens vom 30. März 2004 sei er davon ausgegangen, dass die Geltendmachung der Vorsteuern aus dem zu errichtenden Einfamilienhaus spätestens im Rahmen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das Jahr des Leistungsbezugs zu erfolgen hätte und dementsprechend mit Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2004 am 19. Oktober 2005 noch vor Bezugsfertigkeit des Gebäudes die Vorsteuern aus der Errichtung geltend gemacht. Auch in seinem Antrag auf Eigenheimzulage vom 21. November 2005 sei der Kellerraum als Arbeitszimmer ausgewiesen.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 2. Januar 2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2006 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 23.225 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, der Kläger hätte erst mit dem Einreichen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2004 am 19. Oktober 2005 nach außen hin nachvollziehbar bekundet, dass er das von ihm errichtete Einfamilienhaus seinem Unternehmen zuordnen wolle. Frühere Willensbekundungen zu einer entsprechenden Zuordnung seien nicht ersichtlich und eine stillschweigende Zuordnung nicht ausreichend. Zwar hätte die Oberfinanzdirektion Koblenz mit Rundverfügung vom 19. November 2007 (S 7206/S 7200 A - St 44 5) die nachgeordneten Finanzämter angewiesen, eine teilweise oder vollständige Zuordnung eines Gebäudes zum Unternehmen anzunehmen, wenn der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt durch eine schriftliche Erklärung spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in dem die jeweilige Leistung bezogen worden ist, erklärt, dass und in welchem Umfang er das angeschaffte oder hergestellte Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat und bei Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes ein Vorsteuerabzug nicht möglich gewesen ist. Diese Verfügung sei im Streitfall aber nicht anwendbar, da dem Kläger bei Herstellung des Gebäudes ein Vorsteuerabzug möglich gewesen wäre, der spätestens im Zeitpunkt des Leistungsbezuges in den abzugebenden Voranmeldungen und nicht erst in der Jahreserklärung hätte geltend gemacht werden müssen. Da der Kläger einen Antrag auf Eigenheimzulage ab dem Jahr 2005 erst am 22. November 2005 bei ihm eingereicht hätte, sei auch dieser Antrag nicht geeignet, den Nachweis einer früheren Zuordnungsentscheidung zu führen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

1. Für Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Eingangsleistungen ist bei richtlinienkonformer Anwendung von § 15 Abs. 1 und 2 UStG maßgebend, ob der Steuerpflichtige die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hatte, mit den Investitionsausgaben Umsätze auszuführen, für die der Vorsteuerabzug zugelassen ist. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht (endgültig), wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer mit der Lieferung eines Gegenstands oder der Ausführung einer Dienstleistung an den vorsteuerabzugsberechtigten Steuerpflichtigen entsteht. Der Steuerpflichtige braucht daher die Aufnahme des tatsächlichen Betriebs seines Unternehmens nicht abzuwarten. Wegen der zeitgleichen Entstehung von Steueranspruch und des Vorsteuerabzugsanspruchs muss sich der Unternehmer sofort entscheiden, für welche Ausgangsumsätze er die empfangenen Eingangsleistungen verwenden will. Ohne die Sofortentscheidung des Unternehmers über die beabsichtigten Verwendungsumsätze kann der Vorsteuerabzugsanspruch dem Grunde und der Höhe nach nicht beurteilt werden (BFH-Urteil vom 28. November 2002 - V R 51/01, BFH/NV 2003, 515). Die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes. Der Leistungsbezug muss in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Eine Verwendung des bezogenen Gegenstandes in der jeweiligen Sphäre muss objektiv möglich und auch durchführbar sein. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Frage, ob ein Steuerpflichtiger im Einzelfall Gegenstände für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten i.S. von Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erworben hat, eine Tatfrage, die unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhalts, zu denen die Art der betreffenden Gegenstände und der zwischen dem Erwerb der Gegenstände und ihrer Verwendung für Zwecke der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen liegende Zeitraum gehören, zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 31. Januar 2002 - V R 61/96, BFH/NV 2002, 742).

2. Zum Zeitpunkt des Bezugs der Eingangsleistungen im Jahr 2004 ist eine bereits bestehende Zuordnungsentscheidung des Klägers, entweder das gesamte Gebäude oder wenigstens den geplanten Büroraum dem Unternehmen zuzuordnen, nach außen nicht erkennbar geworden. Eine unmissverständliche Absicht der Zuordnung des gesamten Hauses zum Unternehmen ergibt sich weder aus der Planung der bautechnischen Anforderungen im EDV-Bereich des Kellerraums zur Nutzung als Arbeitszimmer noch aus einer Erörterung der Vor- und Nachteile einer Zuordnung des zu errichtenden Gebäudes zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen mit einem Steuerberater.

Auch eine Zuordnung lediglich des Büroraums im Keller für unternehmerische Zwecke kommt im Streitfall nicht in Frage, da sich eine Zuordnung des Kellerraums zu dem Unternehmen nicht aus den Planungsunterlagen ergibt und der Kläger die Nutzung des Kellers als Büroraum "heimlich (nämlich abweichend von Bauantrag und Baugenehmigung)" vorgenommen hat, auch wenn die Gründe für diese Umplanung nachvollziehbar und plausibel sind und vom Gericht daher nicht in Frage gestellt wird, dass der Kläger beabsichtigte, diese Büroräume für seine gewerbliche Tätigkeit zu nutzen.

Eine Zuordnungsentscheidung, das gesamte Gebäude oder den geplanten Büroraum dem Unternehmen zuzuordnen, hat der Kläger dem Beklagten nicht mitgeteilt. In den beim Beklagten abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Quartale III/2004 und IV/2004 hat der Kläger keine Vorsteuern aus den bezogenen Bauleistungen, die ihn ab August des Streitjahres fortlaufend in Rechnung gestellt worden waren, geltend gemacht. Dies lässt auf die gegenteilige Annahme, nämlich dass der Kläger das Gebäude seinem Privatvermögen zuordnen wollte, schließen.

3. Eine Zuordnungsentscheidung für die Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen ergibt sich nachvollziehbar erst aus der Einreichung der Umsatzsteuererklärung für 2004 vom 17. Oktober 2005 beim Beklagten am 19. Oktober 2005, mit dem der Kläger dem Beklagten gegenüber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er das Gebäude zu 100% dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat.

a) Nach der Auffassung von Lange (Vorsteuerabzug - das Zuordnungswahlrecht des Unternehmers, UR 2008, 23) bedürfe es zwar hinsichtlich der beabsichtigten Verwendung von bezogenen Leistungen zur Ausführung besteuerter Umsätze einer Sofortentscheidung hinsichtlich der Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen. Da die Herstellung eines Gebäudes in der Regel allerdings ein zeitlich gestreckter Vorgang sei, der mit den ersten Aufwendungen zur Herstellung des Gebäudes beginne und mit dessen Fertigstellung ende, müsse der Unternehmer das Zuordnungswahlrecht zwar bereits bei Beginn des Herstellungsvorganges ausüben, und der Unternehmer hätte seine bei Leistungsbezug zutreffende Zuordnungsentscheidung dem Finanzamt zunächst in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Voranmeldungszeitraum mitzuteilen, in den der Leistungsbezug falle. Sei ein Vorsteuerabzug möglich, geschehe dies durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in vollem oder teilweisen Umfang oder durch dessen Unterlassung. Letztlich sei aber maßgebend, wenn die Bekanntgabe der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers gegenüber dem Finanzamt in seiner Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug falle, erfolgen würde. Denn für die Prüfung der Erfüllung oder jedenfalls des Nachweises umsatzsteuerrechtlicher "Absichtsmerkmale" könne als gesetzliche Erleichterung auf die Maßgeblichkeit der Steuererklärungspflicht für den Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) gem. § 16 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG abgestellt werden. Hierfür würde auch sprechen, dass für eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a USt gebenenfalls das "Kalenderjahr" -vgl. § 15a Abs. 1 und 5 UStG- bzw. der "Besteuerungszeitraum" -vgl. § 15a Abs. 2 Satz 2 UStG- maßgeblich sei. Auch der EuGH hätte für die Aufteilung zwischen dem vom Steuerpflichtigen unternehmerisch und dem von ihm privat genutzten Teil auf dem unternehmerischen und den privaten Nutzungsanteil "im Erwerbsjahr" -also auf das Kalenderjahr- abgestellt.

b) Das Niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 3. Januar 2008 - 16 K 558/04, EFG 2008, 809) ist der Ansicht, dass als Beweisanzeichen für die Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen der Vorsteuerabzug in der erstmöglichen Steuererklärung und damit gegebenenfalls auch bereits in Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemacht werden müsse. Dies stünde in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH und des BFH zum Sofortabzug und insbesondere auch dem Sinn der "sofortigen" und damit klarstellenden Entscheidung des Unternehmers, da jede Verlagerung auf spätere Steuererklärungen den Vorsteuerabzug von verzerrenden und vom Zufall abhängenden Voraussetzungen abhängig machen und gegen die Steuergerechtigkeit verstoßen würde.

c) Der Senat ist der Auffassung, dass im strittigen Fall der Zuordnung eines gesamten Gebäudes zum Unternehmen, in dem nur ein kleiner Teil des Gebäudes für unternehmerische Zwecke genutzt wird, ein Vorsteuerabzug vor Bekanntmachung einer Zuordnungsentscheidung gegenüber dem Finanzamt nicht gewährt werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn -wie im Streitfall- der in den abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärte Vorsteuerbetrag von 86,44 EUR keine Zuordnungsentscheidung der bezogenen Leistungen für das Unternehmen erkennen lässt, sondern im Gegenteil auf einen Bezug im Privatbereich hindeutet. Teilt der Kläger abweichend von den Angaben in den Voranmeldungen dem Finanzamt erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung durch die Geltendmachung des vollen Vorsteuerbetrages aus den Rechnungen über die Errichtung des Gebäudes die Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen mit, ist ein Vorsteuerabzug nicht zu gewähren, soweit der Kläger durch seine (unterlassenen) Angaben zum Vorsteuerabzug in den Voranmeldungen eine andere Zuordnungsentscheidung zu erkennen gegeben hat. Denn mit der gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG besteht auch eine Verpflichtung des Unternehmers, die darin enthaltenen Angaben gem. § 150 Abs. 2 Satz 1 AO wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Eine Einschränkung des § 150 Abs. 2 Satz 1 AO dahingehend, dass diese Verpflichtung des Steuerpflichtigen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht gelten würde, ist für das Gericht nicht ersichtlich.

Dem steht nicht entgegen, dass -wie in dem Beispiel von Lange (a.a.O., Seite 27)- bei einer Änderung der Verhältnisse Umsatzsteuer-Voranmeldungen und die Umsatzsteuer-Jahreserklärung gegebenenfalls voneinander abweichen können und dann die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung ausschlaggebend ist, sofern grundsätzlich eine entsprechende Zuordnungsabsicht bestanden hat. Das von Lange zu seiner Auffassung herangezogene Beispiel betrifft nämlich nur eine Änderung der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Nutzflächen in Hinblick auf eine steuerpflichtige und eine steuerfreie Vermietung. Im Streitfall liegt allerdings eine solche Änderung der Verhältnisse nicht vor. Im Streitfall geht es vielmehr um eine grundlegende Zuordnungsentscheidung, die nach Ansicht des Senats beim Leistungsbezug nicht offen bleiben kann und durch die Erklärung in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen mit bindender Wirkung dem Beklagten bekanntgegeben worden ist.

Weiterhin ist zu beachten, dass ein Unternehmer, der seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit aufnimmt, im laufenden und folgenden Kalenderjahr gem. § 18 Abs. 2 Satz 4 UStG Voranmeldungen für den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum abzugeben hat, sofern nicht bereits aus vorangegangener unternehmerischer Tätigkeit eine Pflicht für den Unternehmer zur Abgabe von Voranmeldungen gem. § 18 Absatz 1 UStG besteht. Würde eine zu den Umsatzsteuer-Voranmeldungen abweichende Zuordnungsentscheidung in jedem Fall auch noch mit Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Kalenderjahr des Leistungsbezugs dem Finanzamt bekannt gemacht werden können, so würde sich bei pflichtgemäßer Erfüllung der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen ein Widerspruch zu dem darin unterlassenen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen über die Herstellungskosten ergeben.

Der Zuordnungsentscheidung mit Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen stehen nach Ansicht des Senats auch keine Praktikabilitätserwägungen entgegen. Die gleichen Praktikabilitätserwägungen würden auch der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen überhaupt entgegenstehen, der Gesetzgeber hat diese Pflicht aber gesetzlich normiert. Eine der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen entgegenstehende Rechtsprechung des BFH ist für den Senat nicht ersichtlich. Ebenso ist für den Senat nicht einsichtig, wieso ein Unternehmer -anders als bei einem sofort verwendbaren Gegenstand- seine grundsätzliche Zuordnungsentscheidung beim Bezug von Architekten- und Bauleistungen im Falle der Herstellung eines Gebäudes nicht auch hier bereits bei Leistungsbezug treffen und dem Finanzamt zeitnah in Umsatzsteuer-Voranmeldungen bekannt geben könnte, zumal auch nach Ansicht des Senats Änderungen der Verhältnisse berücksichtigt werden können.

4. Das Gericht sieht seine Auffassung auch in Einklang mit der im Streitjahr ab dem 30. März 2004 geltenden Verfügungslage.

In dem BMF-Erlass vom 30. März 2004 (IV B 7 - S 7300 - 24/04, BStBl I 2004, 451) hat der BMF in Hinblick auf die BFH-Urteile vom 31. Januar 2002 und 28. Februar 2002 ausgeführt, dass die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs regelmäßiges ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung zum Unternehmen sei. In Abkehr von der zuvor geltenden Regelung in Abschnitt 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchst. b Satz 2 UStR 2002 kann nach Auffassung des BMF eine Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen nicht mehr unterstellt werden, sofern es keine Beweisanzeichen für eine entsprechende Zuordnung gibt. Im Fall der Anschaffung oder Herstellung eines Gebäudes hat der BFH hierzu ausgeführt, dass eine teilweise oder vollständige Zuordnung zum Unternehmen angenommen werden kann, wenn der Unternehmer gegenüber dem Finanzamt durch eine schriftliche Erklärung spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in dem die jeweilige Leistung bezogen worden ist, erklärt, dass und in welchem Umfang er das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat, sofern ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn ein Vorsteuerabzug nur teilweise möglich ist und sich aus dem Umfang des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nicht ergibt, mit welchen Anteil das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet wurde. Sofern der Unternehmer aber keine entsprechende Erklärung abgibt und aus dem Umfang der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges nicht auf die Zuordnung zum Unternehmen geschlossen werden kann, kann eine solche entgegen der bisherigen Regelung in den UStR nach dem BMF-Erlass vom 30. März 2004 aber nicht mehr unterstellt werden.

Da im Streitfall dem Kläger auf Grund der ihm gegenüber erteilten Rechnungen für die bezogenen Bauleistungen ein Vorsteuerabzug im Streitjahr möglich war und dieser in den abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht geltend gemacht wurde, steht die Unterlassung der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen einer rückwirkenden Änderung der Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung entgegen. Zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes durch den Kläger im August 2004 war der BMF-Erlass vom 30. März 2004 auch bereits veröffentlicht, so dass der Kläger aus der vorangegangenen Regelung in den UStR keinen Vertrauensschutz mehr herleiten kann.

Für den Veranlagungszeitraum 2004 scheidet daher im Streitfall ein Vorsteuerabzug aus, da die den Vorsteuerabzug rechtfertigende Zuordnungsentscheidung dem Beklagten erst mit Einreichung der Umsatzsteuererklärung für 2004 vom 17. Oktober 2005 am 19. Oktober 2005 bekanntgegeben worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

...

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

...



Ende der Entscheidung

Zurück